CNG: ein oft vergessener Aussenseiter…

Der grösste Automobilclub Europas, der deutsche ADAC, hat das Ergebnis seines jährlichen „Ecotests“ enthüllt, der die Auswirkung von Fahrzeugen auf die Umwelt bewertet. Wenn auch Elektrofahrzeuge logischerweise eine gute Position unter den saubersten Fahrzeugen einnehmen, so werden die beiden ersten Plätze der Rangliste doch von CNG-betriebenen (Compressed Natural Gas, komprimiertes Erd- oder Biogas) Fahrzeugen belegt. Das reicht aus, um (wieder) auf eine unbekannte Antriebstechnologie aufmerksam zu machen.

Nicht weniger als 112 verschiedene Modelle wurden der Weisheit der Experten des ADAC im Jahre 2021 im Rahmen ihrer Umweltbewertung, des Ecotests, unterzogen. Schadstoffe wie Kohlenmonoxid (CO), Partikel oder Stickstoffoxide (Nox) sowie Emissionen von Kohlendioxid CO₂ werden gemessen. Jedem Fahrzeug werden je nach Typen und Menge der Emissionen Punkte zugeschrieben und werden dann in eine leicht verständliche Rangliste nach Sternen umgewandelt.

Gas als grosser Gewinner

Die besten Bewertungen haben zwei erdgasbetriebene Autos erhalten: der Seat Leon TGI, dicht gefolgt vom VW Golf TGI. Überraschend? Eigentlich nicht. Für die Ingenieure des ADAC stellen CNG-Fahrzeuge seit langer Zeit unter Beweis, dass sie weniger Schadstoffe in die Luft auswerfen als Diesel- und Benzinfahrzeuge und dabei weniger CO₂ emittieren.


Konkret weist der Seat Leon TGI Emissionen von 91 g CO₂/km bei einem gemessenen Verbrauch von 4,2 kg Gas/100 km auf. Die Berechnung basiert auf der deutschen Gasmischung mit einem Biogasanteil von 40 %. Wenn der Biogasanteil höher ist, verbessert sich die Bilanz noch weiter und lässt die CNG-Fahrzeuge sich der Kohlenstoffneutralität annähern, wenn sie mit 100 % Biogas fahren. Das gleiche Fahrzeug in der Version als Diesel TDI kann nicht damit konkurrieren, und trotz eines schwachen Dieselverbrauchs von 4,7 Litern/100 km beim Test stößt es 147 Gramm Treibhausgas aus.


Der Seat und der VW sind beide mit einem Benzinmotor mit 1,5 Litern und 130 PS ausgestattet. Mit 17,3 Kilo Erdgas im Tank beträgt die gemessene Reichweite etwa 400 Kilometer

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Und was ist mit Elektroautos?

Warum führen Elektroautos nicht die Rangliste an, wie man mit Recht erwarten könnte? Ganz einfach, weil der ADAC sich bei seinen Emissionsberechnungen auf den aktuellen Mix aus Stromproduktion und Stromverbrauch in Deutschland stützt. So „emittiert“ ein Elektroauto ebenfalls CO₂ und Schadstoffe – sicherlich nicht so viel wie ein Auspuffrohr –, denn fast 50 % des deutschen Stroms wird noch mit Wärmekraftwerken (Kohlenstoff, Braunkohle, Gas und Öl) produziert. Es sei daran erinnert, dass in der Schweiz nur 60 % des in unserem Land verbrauchten Stroms aus einheimischer Produktion stammen und CO₂-neutral (Hydraulik, Kernkraft und erneuerbare Energien) sind. Der Import von Strom, vor allem aus Frankreich und Deutschland, für die verbleibenden 40 % führt dazu, dass wir nach den Zahlen von energie-environnement.ch, dem Portal der kantonalen Energiedienste der französischsprachigen Kantone, CO₂-Emissionen in einer Grössenordnung von 155 g/kWh „importieren“.


Tatsache bleibt dabei, dass Elektroautos direkt hinter den beiden erdgasbetriebenen Autos eingereiht sind. Der elektrische Hyundai Kona erscheint auf dem dritten Platz, der Fiat 500 e auf dem vierten, vor dem elektrischen Renault Twingo auf dem fünften Platz. Der Toyota Mirai mit wasserstoffbetriebener Brennstoffzelle reiht sich als Achter hinter dem Polestar 2 (Long Range, Single Motor) und dem Opel Corsa-e auf dem sechsten bzw. siebten Platz ein.

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Die Lehren

Diese Ergebnisse des Ecotests des ADAC belegen mehrere Lehren. Erstens zeigen die globalen Ergebnisse unter Einschluss von Thermofahrzeugen, dass die Industrie, alle Antriebe zusammengenommen, bedeutende Fortschritte erzielt hat und weiterhin erzielt, wenn es um Entgiftung und Kontrolle der Schadstoffemissionen geht. Es ist eine langwierige Arbeit, zu der die Ingenieure dauerhaft herangezogen werden. Bis heute ist das Elektrofahrzeug, obwohl es zweckdienlich und effizient ist, aufgrund seiner Unannehmlichkeiten (Preis, Infrastruktur, Reichweite, Verbrauch usw.) noch weit davon entfernt, einer Mehrheit von Benutzern zuzusagen. Viel Zeit und Arbeit sind noch nötig, damit der Verbreitungsgrad des Elektrofahrzeugs den des Thermofahrzeugs erreicht.  Für einen schnelleren Übergang ist es zwingend erforderlich, dass alle Mitwirkenden im Ökosystem der individuellen Mobilität ihre Zusammenarbeit verbessern.


Die Vielfalt der heute auf dem Markt verfügbaren Antriebstechnologien ermöglicht dem Verbraucher, eine Fahrzeugwahl zu treffen, die seinen effektiven Bedürfnissen näherkommt; Die Elektromobilität gehört natürlich dazu, ist aber nicht unbedingt die einzige technologische Antwort. Die Konstrukteure arbeiten unermüdlich, um ein Angebot in Form eines „Energiemix“ vom technologischen Standpunkt ebenso wie bei neuen Geschäftsmodellen zu günstigen Bedingungen für alle vorzulegen, einschliesslich der Umwelt. Die Herausforderung ist riesig; dies wird zwangsläufig über Übergangslösungen wie Hybridfahrzeuge laufen, aber das Ziel ist für die Industrie gut erreichbar, vorausgesetzt, ihr wird die Zeit gegeben, es zu erreichen.

In diesem Zusammenhang sollte Biogas wieder Beachtung finden. Es erweist sich nicht nur als nahezu CO2-neutral, sondern passt auch perfekt in eine Logik der Kreislaufwirtschaft und Nähe. An zahlreichen Standorten werden Gassäulen in Tankstellen – ganz oder teilweise – mit Gas aus der Region gespeist, das aus organischen Abfällen erzeugt wurde, die aus Haushalten und Restaurants in der Umgebung gesammelt wurden. Zu dieser (fast) unerschöpflichen „Rohstoff“quelle kommt eine relative Einfachheit der technischen Inbetriebnahme an Fahrzeugen wie bei der Infrastruktur, und wir erhalten einen alternativen Antrieb, der in bewundernswerter Wese den aktuellen Mix aus Thermofahrzeugen und Elektrofahrzeugen ergänzt.

Darüber hat Norwegen beschlossen, im Sommer 2021 Biogasfahrzeugen die gleichen Vorteile zu gewähren, wie sie bisher Elektrofahrzeugen gewährt werden. Der gleiche Ansatz wurde in Frankreich initiiert, das während seiner sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft in diesem Jahr eine ähnliche Dynamik auf europäischer Ebene fördern möchte.

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